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Mit Tinte gegen Teufel

Česko

Wie Martin Luthers Bibel unsere Sprache prägt

An einem Adventssonntag des Jahres 1521 griff Martin Luther zur Feder. Ihn plagten nach eigenen Worten Langeweile und Darmträgheit. Also widmete er sich „einer Last, die über meine Kräfte ist“ – der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche.

Eigentlich war das nichts Neues. Seit mehr als einem Jahrhundert kursierten im Land etwa 15 deutsche Übersetzungen. Diese wurden aber vor allem als Argumentationshilfe für Geistliche gefertigt, lasen sich in ihrer gestelzten Sprache fast unverständlich und beruhten allesamt auf der „Vulgata“, einer 1000 Jahre alten, oft ungenauen lateinischen Bibelübersetzung aus der griechischen Urfassung. Eben diesen Originaltext legte Luther seiner Übersetzung zugrunde. Er kleidete seine Gedanken in eigenwillige Ausdrücke, schuf poetische Bilder und erfand (manchmal nach tagelangem Grübeln) neue Wortspiele. 220 Seiten in nur elfWochen Sein Deutsch wirkte stil- und sprachbildend für Jahrhunderte. Martin Luther ersann Ausdrücke wie Feuertaufe, Bluthund, Selbstverleugnung, Machtwort, Schandfleck, Lückenbüßer, Gewissensbisse, Lästermaul und Lockvogel. Metaphern wie „Perlen vor die Säue werfen“, „ein Buch mit sieben Siegeln“, „die Zähne zusammenbeißen“, etwas „ausposaunen“, gehen ebenso auf ihn zurück wie „im Dunkeln tappen“, „ein Herz und eine Seele“, „auf Sand bauen“ oder ein „Wolf im Schafspelz“ und „der große Unbekannte“.

Heute ist kaum nachzuvollziehen, wie Luther dieses riesige, mehr als 220 Seiten umfassende Werk binnen nur elf Wochen in solcher Perfektion vollenden konnte. Dabei litt er nach eigenem Bekunden häufig unter Visionen. „Tausend Teufeln bin ich ausgesetzt“, schrieb er. Dass er den Satan durch einen Wurf per Tintenfass verjagt habe, ist eine nette Legende, die wohl auf seine Bemerkung: „Ich habe den Teufel mit Tinte bekämpft“ zurückgeht.

Sein linguistisches Anliegen formulierte Luther so: „Man muß die Mutter im Haus, die Kinder auf den Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden und danach dolmetschen; so verstehen sie es denn und merken, dass man deutsch mit ihnen redet.“ Durch seine sinnhafte und dichterische Qualität hat Luther die deutsche Schriftsprache wesentlich geprägt. Als er Anfang März 1522 nach zehn Monaten die Wartburg verließ, führte er das Manuskript bei sich. Nach weiterer Bearbeitung erschien es am 21. September 1522 in Wittenberg mit der für damalige Verhältnisse sehr großen Auflage von 3000 Exemplaren. Diese „Septemberbibel“ war so rasch ausverkauft, dass ihr drei Monate später die nächste Auflage folgte. Bald wurde sie auf den Kanzeln zitiert, im Schulunterricht verwendet, als Volksbuch geschätzt.

Welt Online

O autorovi| Stránku připravila Veronika Jičínská

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