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Nicht einmal Musik macht schlau

Česko

Musik wirke sich positiv auf die Intelligenz aus, heisst es - zu Unrecht

Die Sache schien sonnenklar: Studienanfänger, die im Gymnasium Latein gelernt hatten, schlossen im Ranking der Kantonsschulen, das die ETH Zürich vor kurzem präsentierte, besonders gut ab. Ergo, sagt da der Lateiner: Wer Latein lernt, wird klug.

Auch für Elsbeth Stern von der ETH Zürich ist die Sache sonnenklar, nur andersherum: Nicht weil sie Latein lernten, sind diese Studienanfänger erfolgreich, sondern weil sie als lernbereite Kinder in ein Langzeitgymnasium kamen, ihnen dort das Latein leichtfiel und sie es beibehielten. „Es handelt sich hier um eine geradezu typische Studie, die nichts über die Wirkung des Lateinlernens aussagen kann.“

Elsbeth Stern ist Professorin für Kognitionswissenschaft und hat die sogenannten Transfereffeke von Lateinunterricht genau erforscht. Bei einem Transfer wird erwartet, dass in einem Fach Gelerntes automatisch in ein anderes Fach oder eine generelle Fähigkeit „transferiert“ wird und dem Schüler dort einen Vorsprung verschafft. Wenn, wie oft behauptet wird, Lateinlernen das logische Denken fördert oder das Verständnis von grammatikalischen Strukturen, wenn Lateinschüler deshalb besonders intelligent werden oder mindestens andere Sprachen leichter lernen -so würde es sich dabei um einen Transfereffekt handeln.

Diesem hat Elsbeth Stern mit sorgfältigen Studien in Bayern nachgespürt. Resultat: Einzig beim buchstabengetreuen Lesen und beim Erkennen von Grammatikfehlern hatten Lateiner einen leichten Vorsprung vor Schülern, die Englisch gelernt hatten. Auf die Entwicklung des logischen Denkens dagegen, so zeigt eine ganz neue Studie 2008 gleich noch einmal mit einer breiten Batterie von verschiedenen Intelligenztests, hat das Lateinlernen keine relevante Auswirkung.

Kein Beweis überzeugt Ungleich komplizierter verhält es sich mit der Langzeitwirkung von musikalischer Betätigung. Zahllose Untersuchungen in vielen Ländern haben die Wirkung von Musikunterricht auf aussermusikalische Fähigkeiten untersucht, also den Transfer auf sprachliche, räumlichvisuelle und mathematische Fähigkeiten oder einfach auf die Entwicklung der allgemeinen Intelligenz. Das Ergebnis formuliert Elsbeth Stern knallhart: „Nichts“. Etwas netter ausgedrückt: Ein überzeugender Beweis dafür, dass musikalische Betätigung allgemeine kognitive Fähigkeiten fördert, konnte bisher nicht erbracht werden.

Ja, 6-jährige Kinder mit SuzukiGeigenunterricht erwiesen sich als aufmerksamer als Kinder ohne Geigenunterricht - doch welche Eltern lassen welchen Kinder SuzukiGeigenunterricht erteilen? Ja, Schüler mit Zusatz-Musikunterricht zeigen leicht bessere kognitive Leistungen als Schüler ohne zusätzlichen Unterricht - wie aber hätten diese mit Zusatz-Kunstunterricht abgeschnitten? Und wo in wenigen, methodisch einwandfreien Untersuchungen tatsächlich ein statistisch relevanter Transfereffekt auf eine Intelligenzleistung auszumachen war, so war dieser ausgesprochen gering (z. B. 1/3 eines IQ-Punktes pro Jahr Musikunterricht) und langfristig nicht gesichert. Intelligenz über Musikunterricht fördern zu wollen, erweist sich damit zumindest als ziemlich aufwendiges Unterfangen.

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