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Der Mann in der NSDAP

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Herbert von Karajan trat in die NSDAP und nutzte sie für seine Karriere

Er war offensichtlich kein politischer Mensch, der vielleicht gröBte Dirigent des 20. Jahrhunderts. Es ist bis heute trotzdem ein Rätsel, ob Herbert von Karajan ein Nazi war oder ob er einfach nur von den Nazis profitierte. Karajan, der am 8. April 100 Jahre alt geworden wäre, wollte sich nie öffentlich erinnern. Es ist belegt, dass der Dirigent 1933 in Salzburg in die NSDAP eintrat und dass seine einzigartige Karriere ohne das Wohlwollen von Parteispitzen wahrscheinlich nie so ihren Lauf genommen hätte.

DasWunder Karajan

Als Karajans groBer Durchbruch gilt bis heute der 21. Oktober 1938. Auf Einladung der Berliner Staatsoper dirigierte der 30-Jährige in der Hauptstadt Wagners „Tristan und Isolde“. In der „BZ“ schrieb der Journalist und Musikkritiker Edwin von der Nüll darauf jene berühmte Schlagzeile: „Das Wunder Karajan“. Es gibt Indizien dafür, dass der Artikel über Karajan eine politisch gelenkte Auftragsarbeit war. PreuBens Ministerpräsident Hermann Göring und Chef der Reichskulturkammer Joseph Goebbels hatten ein Interesse daran, Karajan aufzubauen. Er passte gut in ihr Weltbild. Karajan war jung, sah blendend aus, ein Perfektionist, ein Ästhet. Der Führer hatte ursprünglich einen anderen zu seinem Liebling am Dirigentenpult auserkoren: Fritz Busch. Busch zog es vor, 1933 nach England zu emigrieren. Karajan dagegen dirigierte 1935 zu Hitlers Geburtstag Wagners „Tannhäuser“ und lieB mehrmals während seiner Karriere das Horst-Wessel-Lied spielen, die offizielle Parteihymne der NSDAP. Es gibt Erzählungen, wonach Hitler trotz allem Karajan nicht leiden konnte. Hitler soll es als Unverschämtheit aufgenommen haben, dass Karajan in der Berliner Staatsoper vor den Augen des Führers Wagners „Meistersinger“ auswendig ohne Partitur dirigierte. Hitler soll nach dem Konzert gesagt haben, er werde die Staatsoper nicht mehr betreten, wenn Karajan dirigiere. Karajan blieb weiterhin in Aachen, bis er als Generalmusikdirektor in der Spielzeit 1941/1942 abgesetzt wurde. Für Aachener Ansprüche war der umtriebige Karajan zu häufig auf Europatourneen unterwegs gewesen. Die neu gewonnene Zeit nutzte Karajan, um sich dem Regime auf andere Weise anzudienen. Der Dirigent zeigte Interesse an der Luftwaffe und wollte sich zum Kampfpiloten ausbilden lassen. Sein bereits zu hohes Alter machte den Plan zunichte. Sein Berufsverbot nach Kriegsende nutzte der Dirigent vor allem für lange Spaziergänge. Diese Phase der Einkehr und Besinnung nutzte er offensichtlich nicht, um sein Verhalten im Dritten Reich kritisch zu beleuchten. Warum auch? Die Österreicher lieBen den Dirigenten schon im Januar 1946 wieder auftreten. In Berlin kam Karajan 1950 zu seinem Comeback. Danach war er nicht mehr aufzuhalten: Wien, Salzburg, Mailand, London, Berlin - sie alle wurden sein künstlerisches Zuhause. In den 50er- und 60er-Jahren hat sich niemand mit Karajans Biographie beschäftigt. Zwar nicht in Deutschland, in den USA schon. Das bekam der Dirigent 1955 zu spüren, als sich der Chefdirigent mit seinen Berliner Philharmonikern zu einem Amerika-Gastspiel aufmachte. Jüdische Organisationen demonstrierten gegen Karajan und seine Begleiter vor der New Yorker Carnegie Hall. Karajan nahm den Protest demonstrativ desinteressiert zur Kenntnis. In den 60erJahren planten der Dirigent und seine Philharmoniker Konzerte in Israel. Doch die Israelis machten schon vorab unmissverständlich klar: das Orchester dürfe kommen, Karajan nicht. Als der Chefdirigent Herbert von Karajan dann 1989 starb, war der Weg frei. Die Berliner Philharmoniker traten 1990 zum ersten Mal in Israel auf.

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