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Luxusmodemarken werben immer ungenierter mit dem besten Stück des Mannes

Männer sind unsicher; Männer sind definitiv das schwächere Geschlecht, und der Grund für ihre Schwäche ist ihr Pimmel.“ Dieser Satz stammt nicht etwa von einer Frau, sondern von einem Mann: Im Interview mit der britischen Zeitung The Daily bilanzierte der Journalist Colin McDowell seine Beobachtungen über das Verhalten seiner Geschlechtsgenossen. Der blasse, rothaarige Brite im Nadelstreifenanzug könnte auf den ersten Blick auch Parlamentsabgeordneter oder Rechtsanwalt sein. McDowell aber ist seines Zeichens Senior Fashion Editor des StyleRessorts der Sunday Times, Gastprofessor an der Londoner Central St. Martins School und Mitbegründer der Londoner Fringe Fashion Week, bei der Nachwuchsdesigner die Mode von übermorgen zeigen. McDowell zählt zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Branche: Seit 30 Jahren berichtet er über Trends und Tendenzen, und veröffentlichte bislang 16 Bücher mit dem Schwerpunkt Männermode.

In der aktuellen Winterausgabe der Vogue Hommes International befasst er sich mit einem Trend, der mit einem der letzten Tabus in der Werbung bricht: der Präsentation des Glieds. Seit der Yves Saint-Laurent - Anzeigenkampagne aus dem Jahr 2002, die das französische Model Samuel de Cubber splitterfasernackt vor dem Parfum M7 zeigt, schleichen sich immer häufiger männliche Geschlechtsorgane - und bisher ebenso zensierte Vorboten derselben -in die Medien: Von Schamhaaren über dem Bund von Dolce & GabbanaJeans bis hin zu HongkongSuperstar Tony Leungs bloßem Hodensack in Ang Lees VenedigGewinner „Gefahr und Begierde“ findet das männliche Allerheiligste seinen Weg ins Scheinwerferlicht. Lieber auffallen als gefallen In der Werbung ist es wichtiger, aufzufallen als zu gefallen. Werbung für Luxusgüter darf immer neue Grenzen setzen, schließlich handelt es sich um geschmäcklerische Requisiten eines modernen Selbstverständnisses. Hinzu kommt, dass die Modewelt von homosexuellen Männern bestimmt wird (wie einem Tom Ford), die sich ganz offen mit der Realität ihres männlichen Selbstverständnisses auseinandersetzen müssen. Für die Werbung ein Glücksfall, der garantiert Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Steht der Mann nun wie beim Freistoß vor dem Tor und schützt seinen Schoß im Angesicht der Werbeoffensive? Ein nacktes Genital auf einem Foto ist zweifelsfrei Geschmackssache. Aber das ist jede nackte Frau ebenfalls. Doch sieht man die YSL-Werbung mal als das, was sie ist, nämlich eine konservative Akt-Präsentation eines männlichen Körpers, ist sie doch schon fast ein bisschen langweilig. Ist die männliche Identität wirklich so fragil, dass die Abbildung eines Aktmodels dem heterosexuellen Mann seine eigene Angreifbarkeit vor Augen hält - und zu solch heftigen Reaktionen führt? Deswegen ganz im Sinne von Colin McDowell: Show us some skin, man!

Süddeutsche Zeitung