Sobota 8. června 2024, svátek má Medard
  • Premium

    Získejte všechny články
    jen za 89 Kč/měsíc

  • schránka
  • Přihlásit Můj účet
130 let

Lidovky.cz

Jiddisches Deutsch

Česko

Zoff oder Stuss sind bekannte deutsche Wörter. Aber wo haben sie ihren Ursprung?

Wer genau hinhört, erkennt: Wir alle sprechen ein bisschen Jiddisch – wir wissen nur nicht immer, was wir da eigentlich sagen. Der Most holende Bartel geistert weiß Gott wie lange schon durch die deutsche Sprache. Aber Bartel ist kein Männer- oder Jungenname. Keine Kurzform von Bartholomäus. Und: Bartel holt auch keinen Most – weder aus dem Keller noch sonst woher. Denn der Bartel ist ein Eisen. Ein Einbrucheisen, eine Art Brechstange.

Was aber will der Bartel mit dem Most? Er will ihn haben, und es liegt nahe, dass es sich bei Most nicht unbedingt um ein Getränk handelt. Das Wort „Most“ ist ein altes jiddisches Wort für Geld. „Wo der Bartel den Most holt“ ist eine gängige und gleichermaßen gern gebrauchte Redensart, wenn man jemandem unmissverständlich klar machen will, wo’s langgeht. Im Deutschen gibt es neben Bartel und Most Hunderte Wörter jiddischen Ursprungs. Deutsch und Jiddisch: eine Wechselbeziehung, die trotz aller Schrecken der Geschichte fortbestanden hat. Derzeit erlebt das Jiddische geradezu eine Renaissance.

Alles nett gemeint!

Jiddisch ist eine germanische Sprache, in die Vieles aus dem Hebräischen und Slawischen eingeflossen ist. Wir reden – wenn’s sein muss – Tacheles, also Klartext, nicht selten müssen wir uns den größten Stuss anhören und allzu oft sind wir des Abends vor lauter Maloche völlig geschlaucht.

Das Wort „Maloche“ kann zwar dem Ruhrgebietsdeutsch und dem Berlinischen zugerechnet werden, es stammt aber aus dem Hebräischen „m’lach“, was „Schwerstarbeit“ bedeutet. Geschlaucht hat nichts mit Schlauch zu tun, sondern mit „schlacha“, was „zu Boden werfen“ heißt; und wenn man da liegt, ist man ziemlich erschöpft: Geschlaucht.

Die liebe Familie und die noch liebere Verwandtschaft nennen wir gern vor Dritten, die nicht dazugehören, Mischpoke. Das klingt nicht gerade freundlich und tut dem hebräischen „Mischpacha“ insofern Unrecht, weil damit lediglich die Familie gemeint ist.

Jemandem zu wünschen, er möge sich den Hals und gleich noch die Beine brechen, zeugt auch nicht gerade von Menschenfreundlichkeit. Wir tun es aber trotzdem. Forsch klingt das und soll heißen „Nur zu! Du schaffst das schon!“. Es lohnt sich, die Geschichte vom Hals- und Beinbruch zu erzählen: Es waren einmal zwei jüdische Geschäftsleute. Der eine war Tuchhändler, der andere hatte eine große Schneiderei. Die beiden hatten sich nach langem Hin und Her über den Kaufpreis mehrerer Ballen Stoff geeinigt. Sie waren zufrieden und wünschten sich beim Auseinandergehen „Hazlacha uwracha“, was nichts anderes als „Erfolg und Segen“ bedeutet. Irgendwann wurde der hebräische „Erfolg und Segen“ von deutschsprachigen Zuhörern aufgeschnappt und prompt falsch verstanden. Fortan lebte er als Halsund Beinbruch in der deutschen Sprache. Ein klassischer Fall von Verballhornung. Falsch gehört, falsch geschrieben:

O autorovi| Deutsche Welle, Stránku připravila Veronika Jičínská

Autor:
Témata: Odra, Most, Seina