Er gibt gerne den Hanswurst, und er ist ein Zappelphilipp, kaum einen Kalauer verschmäht er. Hierzulande kennt man ihn eigentlich nur als Regisseur und Hauptdarsteller des Films „Das Leben ist schön“. Seit zweieinhalb Jahren verzaubert Benigni die Italiener in einem anderen Fach: Er rezitiert Dante. 2006 und 2007 tourte er mit der Liveshow „TottoDante“ durch Italien, begann mit Anekdoten, um dann - ganz allein auf großer Bühne - knapp zwei Stunden lang vor einem begeisterten Publikum aus Dantes „Göttlicher Komödie“ zu rezitieren.
Er trat insgesamt 130-mal auf, auf Plätzen, in Arenen, in Stadien. Mindestens eine Million Italiener sahen sich den Dante-Rezitator live an, zehn Millionen sahen die Übertragung im Fernsehen. Es heißt, er habe mit seinem DanteProjekt 45 Prozent der italienischen Haushalte erreicht.
Wäre in Deutschland Vergleichbares möglich? Strömten die Massen, wenn - sagen wir - Mario Adorf auf dem Betzenberg, in der Grugahalle oder vor dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal Goethe rezitierte?
Wohl kaum. Als vor Jahren Peter Stein durch ein paar deutsche Städte tourte, um jeweils an mehreren Abenden hintereinander den kompletten „Faust II“ zu lesen, tat er das vor feinen kleinen Runden, die sehr nach der Klientel des guten alten literarischen Nachtstudios aussahen.
Adorno kehrte wegen des Deutschen zurück Unsere aktive Liebe zu unserer schönen Sprache ist nicht sehr entwickelt, der lustvoll-rhetorische, der prunkende und verspielte Umgang ist in Deutschland nicht heimisch geworden. Lustlos lieben wir unsere Sprache.
Aber wir lieben sie. Das bezeugen etwa ein paar Sätze aus der Feder von Theodor W. Adorno, dem man gewiss nicht unterstellen kann, er sei besonders deutschselig. 1966 bat ihn, der aus Deutschland emigriert und 1949 in seine Heimatstadt Frankfurt zurückgekehrt war, der Deutschlandfunk um einen Beitrag für seine Vortragsserie „Was ist deutsch?“
Darin sagt Adorno, in dessen Namen das W. ausgeschrieben „Wiesengrund“ heißt, der Entschluss, nach Deutschland zurückzukehren, sei nicht nur vom Heimweh motiviert gewesen. Sondern: „Auch Objektives machte sich geltend. Das ist die Sprache.“
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O autorovi| Stránku připravila Veronika Jičínská