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Jörg Haiders Bisexualität

Česko

In Österreich spricht keiner öffentlich über Jörg Haiders Bisexualität

Seit Adolf Hitler wurde in Kärnten niemand so geliebt wie er. Die Behauptung klingt ebenso verstörend wie absurd. Noch aberwitziger ist bloß, dass sie stimmt. Das südlichste, das seltsamste Bundesland Österreichs befand und befindet sich nach dem Unfalltod Jörg Haiders in einem emotionalen Ausnahmezustand – zwischen Trauerrausch und Trauerwahn.

„Heute“, sagte Haiders Stellvertreter und nunmehr geschäftsführender Nachfolger in der Landesregierung am Sterbetag, „ist in Kärnten die Sonne vom Himmel gefallen“. Man darf es auch etwas nüchterner ausdrücken: Der „Landesvater“, als solcher wird er in Kärntens Dörfern und Städten gepriesen, war volltrunken (1,8 Promille) mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 160 Stundenkilometern am Steuer seines Dienstwagens des mythischen, gleichsam schicksalhaften Namens „Phaeton“ ins Verderben gerast.

Sein Lebensmensch Ewige Ruhe scheint dem Toten bis auf weiteres nicht vergönnt zu sein. Rund um das plötzliche Ende Haiders wurde man Zeuge gespenstischer, bizarrer Szenen. Sein vormaliger Sekretär und Pressesprecher, der 27-jährige Stefan Petzner, kam auch vor laufenden und von ihm wiederholt zugelassenen TV-Kameras aus dem Schluchzen über den Verlust seines „Lebensmenschen“ gar nicht mehr heraus (keiner, der diesen Begriff auf Haider anwendet, ahnt übrigens, dass er ursprünglich von Thomas Bernhard stammt).

Stefan Petzner freilich ist nur der letzte in der Reihe jener auf ihren Rudelführer absolut eingeschworenen jungen Gefolgsmänner, die unter dem Spitznamen „Haiders Buberlpartie“ in die Mediengeschichte eingingen. Ihnen allen war, zumindest zeitweise, bedingungslose Bewunderung ihres obersten MännerbundKumpels gemeinsam. Man kann es Schwärmerei nennen oder auch Liebe, und gewiss würde jeder von ihnen die – möglicherweise unbewusste – homoerotische Komponente dieser sehr starken persönlichen Bindung entrüstet in Abrede stellen.

Deshalb musste Petzner auch vergeblich zu vertuschen versuchen, was sich in den Stunden vor Haiders Unfall abgespielt hatte. Sogleich zirkulierten infolge der offenkundigen Widersprüche in rechtsextremen Internetforen Verschwörungstheorien. Nein, Petzner ist eben nicht der allerletzte gewesen, der Haider zu Lebzeiten gesehen hat. Der hatte vor seiner Todesfahrt noch ein von ihm des öfteren frequentiertes Klagenfurter Schwulenlokal besucht und dort gemeinsam mit einem jungen Mann binnen Kürze die für ihn fatale Menge Alkohol konsumiert. Na und? Vorzuwerfen ist ihm einzig und allein, dass er in seiner Verfassung ein Angebot, ihn zu chauffieren, abgelehnt hat.

Naturgemäß wussten innenpolitisch halbwegs versierte österreichische Journalisten über Haiders Bisexualität Bescheid. Erst recht wussten es seine ideologischen Gegner und die weit verstreute Gemeinde der Schwulen. Man schwieg, tuschelte höchstens hinter vorgehaltener Hand. In Österreich ist derlei bis dato kein Thema. Vielleicht steckt in diesem Tabu sogar ein Rest von Anstand. In der Arena demokratischer politischer Auseinandersetzungen haben Details aus dem Intimleben tatsächlich nichts verloren. Das ungeschriebene Gebot wurde im Fall Haiders bis auf wenige Ausnahmen eingehalten.

Welt Online

O autorovi| Stránku připravila Veronika Jičínská