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130 let

Moderne Salons in Berlin

Česko

Die Generation 30plus öffnet ihre Wohnzimmer für Kunst oder politische Diskussionen

Salons sind keine neue Erfindung. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert fand sich Bürgertum und Adel zum intellektuellen und literarischen Austausch zusammen. Besonders Henriette Herz und Rahel Levin nutzen ihre Rolle als Ehefrau aus gutem Hause, um als Saloniéren die gesellschaftliche Elite von Humboldt bis Heine in ihre Privaträume einzuladen. Die Kunst des gepflegten Gesprächs stand im Zentrum. Viel später, in Zeiten von Diktaturen, wurden Wohnzimmergespräche zur einzigen Möglichkeit für Intellektuelle zum freien Gedankenaustausch. Trotz Meinungsfreiheit gibt es heute wieder ein gesteigertes Bedürfnis an Salonkultur. Das Fachmagazin „politik&kommunikation“ zählte Anfang des Jahres 84 Salons in Berlin. Die unterschiedlichen Organisatoren eint der Wunsch nach mehr Privatheit in der anonymen Grossstadt. Sie schaffen sich selbst Orte ohne Eintrittskarten. Das ist ihre Antwort auf eine Sehnsucht nach Kreativität, Tiefgang und Gedankenaustausch.

Privatheit statt Anonymität

Die Drei-Zimmer-Wohnung in der 1. Etage des Prenzlauer Berg-Altbaus verwandelt sich regelmässig in das „Slomo“: In einer Nacht entsteht zuerst ein Gourmetrestaurant, dann ein Kulturhaus und später eine lockere Partylounge. Nur Mitglieder des Slomo e. V. kommen rein. Praktischerweise gibt es die Mitgliedsanträge gleich am Eingang. Das hat zwei Gründe: Die Veranstalter können als Verein ohne Schanklizenz und Behördenauflagen eine Bar betreiben und Essen anbieten. Andererseits bleibt der Kreis der Eingeweihten klein. „Dadurch, dass es nur ein paar Mitwisser gibt, entsteht eine Intimität in der Grossstadt, erklärt Jan Kricheldorf das Konzept. „Das ist die Sehnsucht der Zugezogenen, die sich so ihre eigenen Räume schaffen.“ Gegründet wurde der Slomoladen 1999 von Studenten aus Österreich, Thüringen, dem Ruhrgebiet. Damals schufen sie inmitten des hippen Metropolentrubels in der Kastanienallee den ersten Ort, „an dem man unverkrampft ist und sich wohlfühlt“, sagt Jan.

Der Wunsch nach privaten Rückzugsräumen ohne CoolnessPflicht scheint gross. Auch Ulrike Rossa nervt schon länger, dass es keine unkommerziellen Orte gibt, an denen man ungezwungen Bekannte treffen kann. Sie möchte im Herbst einen „Jugendclub für Erwachsene“ in Neuköln eröffnen. Sie kenne viele Singles über 30, die ihre Abende krampfhaft planen müssten, um Freunde zu treffen oder lieber gleich allein zu Hause blieben. Wer in den Club aufgenommen wird, entscheiden die Mitglieder. Ihr Traum ist es, jederzeit in den Club einkehren zu können, jemanden zu erkennen und wie selbstverständlich ins Gespräch zu kommen - eben wie in einem Jugendclub, den die urbanen Menschen noch aus ihrer Provinzjugendzeit kennen.

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Témata: Berlín, Odra, Durynsko, Essen
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